von Tanja Krieger (Dozentin für Schreib/Poesietherapie/Heilpraktikerin Psychotherapie)
Hinter dem Konzept der Ego–States steht die Annahme, dass ein Mensch verschiedene Ich–
Zustände gebildet hat, mit den ihnen eigenen emotionalen, physiologischen,gedanklichen
und Verhaltensmustern. Man bezeichnet dies auch als Persönlichkeitszustände. Diese
Anteile sind Anpassungen, an die Bedingungen, in denen ein Mensch lebt. Ziel dieser ist das
emotionale und körperliche Überleben. Wir allen haben als Menschen Grundbedürfnisse, die
unbedingt erfüllt werden müssen. Werden diese langfristig nicht oder nur unzureichend
erfüllt, so kommt es zu Störungen bis hin zum Tode. Um dem zu entgehen können sichauch
höchst schädliche Überlebensstrategien entwickeln.
Bekommt ein Kind beispielsweise nur dann Aufmerksamkeit, wenn es sichdanebenbenimmt,
so wird es diese Strategien auch weiter nutzen, denn schlechtes Feedback ist immer noch
besser, als gar nicht beachtet zu werden. Andersherum, bekommt ein Kind nur dann
Zuwendung, wenn es sich lieb und brav gibt, wird es dieses Verhalten immer öfter zeigen.
Der Outlaw oder eben das liebe Mädchen/der liebe Junge werden zu wesentlichen
Persönlichkeitsanteilen.
Bei aller Unterschiedlichkeit der Anteile, ist die menschliche Psyche immer daraufbedacht,
die verschiedenen Motivationen in Einklang zu bringen. Man bezeichnet dies alsKonkordanz.
Darüber hinaus ist ebenso wichtig für unsere Psyche, dass das Erleben und unsere
aktivierten Motivationen zueinander passen– man bezeichnet dies als Kongruenz.
Wir alle haben unterschiedliche Anteile, mit mehr oder weniger angepasstenemotionalen,
gedanklichen und Verhaltensmuster. So lange sie zusammen als Team agieren und andie
aktuelle Situation und die eigenen Kompetenzen angepasst sind, ist alles gut. Wenn jedoch
einzelne Anteile unangemessen und dominant agieren und/oder veraltete Muster zum
Einsatz kommen, kommt es früher oder später zur Diskrepanz.
An diesen Stellen kommt Therapie zum tragen und in diesem Falle die Schreib–
/Poesietherapie. Solange Wir Konkordanz und Kongruenz erleben, erleben wir keinen
Leidensdruck. Dabei kann bereits Handlungsbedarf bestehen. Die erwähltenemotionalen,
gedanklichen und Verhaltensmuster haben jedoch noch mehr Vor– als Nachteile.
Ziel der therapeutischen Arbeit ist es, die verschiedenen Ich–Zustände in Kontakt und
schließlich in Balance zu bringen, so dass sie also ein Team zusammenarbeiten. Darüber
hinaus kann es sein, dass Allianzen destruktiver Ego–States aufgelöst werden müssen. Auch
deren Rollen gilt es neu zu verhandeln.
Dabei muss zunächst herausgearbeitet werden, um welche Anteile es sich handelt, die die
Probleme verursachen. Danach muss Kontakt zu ihnen aufgenommen. Wichtig ist es ihr
bisheriges Wirken zu würdigen, jedoch auch unmissverständlich die anstehenden
Änderungen im Aufgabenbereich zu vermitteln. Wann und wie darf der Anteil agieren?Darf
er überhaupt noch in der Art wirksam werden oder bekommt er neue Aufgaben und
Strategien zugewiesen. Was sind dabei die Qualitäten des Anteils und wie können sie in der
aktuellen Situation gewinnbringend eingesetzt werden. Oder darf der Ego–State endlich zur
Ruhe kommen?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten Kontakt zu den Anteilen aufzunehmen. So können die
typischen Sprachmuster der Aufdeckung dienen, ebenso Metaphern, Symbole,Geschichten
und Texte. Aber auch Kunst und Gestaltung sind probate Methoden. Auch Emotionen,
Einstellungen/Glaubenssätze und Impulse sind wunderbare Spiegel dieser Anteile und
damit Tor zur Ego–State.
Im Folgenden nehme ich dich mit den Schreib–/Poesietherapie –Anleitungen mit zu deinen
Anteilen.
Schreibanleitung – 1–
Wähle dir einen Anteil, dessen gedanklichen oder emotionalen Muster, Impulse,
Verhaltensweisen oder Symptome zu Problemen in deinen Leben führen.
a) Stelle dir vor, du wärst im Brasilianischen Amazons bei einem indigenen Volk, fern ab
der Zivilisation, aufgewachsen. Wie hättest du dich dann entwickelt? Beschreibe dies
in einem Text.
b) Gäbe es in dieser Situation dein Problem ebenfalls und wenn ja in welcher Form?
Mach dir Notizen dazu.
c) Stelle dir nun vor, du wärst in New York aufgewachsen. Wie hätte sich dies
ausgewirkt? Schreibe auch hierzu einen Text.
d) Male ein Bild einer Großstadt mitten im tropischen Regenwald.
e) Male dich selbst als Person ins Bild.
f) Finde ein Symbol für deinen problematischen Anteil und trage es in dein Bild ein.
Frage: Wo hast du dich/deinen Anteil eingetragen? Wie weit entfernt ist der von dir?
Gehört der Ego–State tatsächlich noch zu dir?
Ist er noch wichtig für dich, dann bearbeite auch folgende Anleitung:
Anleitung – 2–
a) Bringe dich als Erwachsenen–Ich und diesen problematischen Anteil ins Gespräch.
Schreibe dazu einen Dialog. Würdige seine Hilfe beim bisherigen Überleben. Erkläre
ihm dann jedoch, dass du jetzt in der Lage bist, kompetent zu agieren und seine Hilfe
so, nicht mehr benötigst. Vielleicht kann er neue Aufgaben übernehmen, mit seinen
speziellen Qualitäten. Vielleicht kann er aber auch einfach zur Ruhe kommen.
Vielleicht liegen deine Schwierigkeiten auch in der ungünstigen Interaktion mehrerer Ego–
States, die nicht als Teamagieren oder unglückliche Allianzen bilden
Anleitung –3–
a) Fertige eine Mindmap an zu deinen Persönlichkeitsanteilen.
Dabei bist du gezwungen sie klar zu benennen und sie in ihrer Qualität zu markieren.
b) Zeichne nun ein Familienbild mit entsprechend vielen Mitgliedern. Trage dann die
Persönlichkeitsanteile in die Figuren ein.
Fragen:
Wie stehen die Anteile zueinander?
Wo bestehen Verbindungen, wo Oppositionen.
Wer ist größer, wer kleiner?
Was kannst du noch aus dieser Zeichnung herausarbeiten?
c) Definiere DU, als Familienoberhaupt, für alle verbindliche Familienregeln.
Möchtest du dir einen deiner Persönlichkeitsanteile ganz genau anschauen, dann kann die
die nächste Schreib–/Poesietherapie–Anleitung helfen.
Anleitung –4–
a) Beantworte folgende Fragen:
Welche Gestalt hat der Anteil?
Wir alt ist er?
Wie groß ist er?
Welches Geschlecht hat er?
Welchen Entwicklungsstand hat er?
Welche Glaubenssätze dominieren?
Welche Aufgebe/Funktion hat er?
Welche Auswirkungen ergeben sich durch sein Agieren?
Schreibe einen Text, in dem die handelnde Person eben dies Eigenschaften hat.
Schreibe den Text so, dass der Leser angeregt wird, den Protagonisten, trotz seiner
Unzulänglichkeiten sympathisch finden.