Allein, für sich im stillen Kämmerlein schreiben recht viele, auch Menschen, von denen man es gar nicht vermuten würde. Dagegen ist auch gar nichts einzuwenden.
In einer Gruppe zu schreiben, egal ob thematisch festgelegt, ob mit oder ohne Leitung erfordert jedoch ganz anders Mut sich öffnen. Es hat jedoch auch riesiges Potential. Denn du kannst nicht nur von den Erfahrungen deiner Mitstreiter profitieren. Damit meine ich nicht nur das Schreiben betreffend, sondern auch die allgemeine Lebenserfahrung. Wichtig ist, dass die Gruppe deinen Interessen entspricht. Was willst du also mit dem Schreiben erreichen? Machst du eine Ausbildung zum Schreib-/Poesietherapeuten oder ist Schreiben für dich „nur“ eine schöne Freizeitbeschäftigung? Vielleicht möchtest du dich schreibend bestimmten Themen widmen oder du willst berufsmäßig mit dem Schreiben durchstarten? Je nach Ausrichtung kann es sinnvoll sein, sich eine angeleitete Gruppe zu suchen. Willst du zum Beispiel dein Schreiben professionalisieren oder dich schwerwiegenden Themen widmen, die mit gewissen psychischen Belastungen verbunden sind, dann macht es Sinn einen erfahrenen Kursleiter/Therapeuten an Ansprechpartner zu haben. Gute Leiter führen die Gruppe zur Einheit, die vertrauensvoll zusammenarbeitet. Dabei ist auch nicht die Meinung des Leiters der Dreh- und Angelpunkt. Vielmehr steht der Austausch im Mittelpunkt. Nur, wenn sich am Text belegen lässt, dass die Gruppe, oder auch einzelne Teilnehmer vielleicht in die Irre gehen, dann ist es Aufgabe des Leiters, dies richtig zu stellen.
Viele Leiter in Schreibgruppen folgen einfach ihrer Intuition und können nicht erklären, aufgrund welche Merkmale des Textes sie dazu kommen. Ich arbeite selbst auch sehr intuitiv, kann aber auch immer meine Annahmen anhand des Textes untermauern. Und dennoch fällt mir natürlich auch nicht alles auf und ich bin auch immer wieder überrascht, wie viele Deutungen sich durch die verschiedenen Teilnehmer ergeben.
Das Wichtigste bei der Wahl der Gruppe ist, dass du dich in einem vertrauensvollen Raum, sicher und geborgen fühlst.
Dabei ist egal, ob ihr euch in einer Online-Gruppe anschließt oder in Präsenz trefft. Meiner Erfahrung nach kommt es in allen Formen schnell zu einem offenen und vertrauensvollen Austausch. Dies gilt vor allem, wenn es sich Online um Konferenzschaltungen mit Video handelt. Bei reinen Chatgruppen kann es schnell zu Konflikten kommen. Denn wenn wir nur den Text haben, fehlen uns wichtige Informationen wie Mimik, Gestik und auch Stimmmodulation, die entscheidend bei der Deutung Einfluss nehmen.
Aber egal in welcher Konstellation, erfordert es Mut, sich mit seinen Texten der Gruppe zu zeigen. Denn viele von uns werden durch die Gruppenkonstellation daran erinnert, was sie in der Schule als demütigend und beschämend erfahren haben. Vielleicht wurden deine Texte auch immer als nicht genügend bewertet.
Aber auch die anderen brauchen Mut, um ihre Deutungen in den Raum zu stellen. Jeder kann von jedem lernen, sowohl in den Themen, als auch was das Handwerkliche angeht. Es ist für mich auch immer wieder erstaunlich, wie viele unterschiedliche Ergebnisse sich aus der gleichen Aufgabenstellung ergeben.
Was ist also wichtig, wenn du mit anderen zusammen schreiben möchtest? Du solltest dich wohl, sicher und aufgehoben fühlen. Du solltest die Kritik der anderen nicht fürchten müssen. Kritik ist gut, wenn sie nicht persönlich ist. Selbst, wenn die Kritik nicht nur die handwerklichen Aspekte betreffen, sondern auch Inhaltliches ansprechen, solltest du dich Person nicht angegriffen werden. Das ist jedoch nicht immer ganz einfach. Je nach den Erfahrungen, die du bisher in deinem Leben gemacht hast, kann es sein, dass du sensibler auf Kritik reagierst, als andere Menschen. Vielleicht fühlst du dich schnell angegriffen. Dann ist es wichtig einen Schritt zurückzutreten und zu versuchen, die Kritik sachlich zu betrachten. In der Gruppe zu schreiben und sich mit seinen Texten zu zeigen, ist immer dann schwierig, wenn man in der Schule schlechte Erfahrungen gemacht hat, wenn man Mobbing erlebt hat, wenn man mit Minderwertigkeitsproblemen kämpft oder wenn man zu einer bestehenden Gruppe hinzukommt.
Dennoch riskiere es und öffne dich für dich selbst und die anderen. Schreibe und lies und tausche dich aus.