Ausbildung Heilpraktiker Psychotherapie

Segen und Fluch des leeren Blattes

Einfach mal drauf loszuschreien ist nicht immer leicht. Für den Einen bedeutet ein weißes Blatt/weißer Bildschirm, dass ihm alle Möglichkeiten offenstehen. Für den Anderen wirkt es eher einschüchternd. Und manche finden sich mal hier und mal dort wieder- an dem einen Tag sind sie voller Ideen und dann wieder ist alles wie weggeblasen.

 

Zwischen Freiheit und Chaos

Wir Menschen sind geprägt durch unsere Erfahrungen und die Eigenschaften, die wir mitbringen und das zusammen bewirkt, dass wir uns eher der Freiheit/dem Chaos oder der Struktur verbunden fühlen. Das ist natürlich nicht absolut zu verstehen. Es handelt sich eher um grundsätzliche Präferenzen.

Freiheitsliebende Menschen lieben es, sich ohne Vorgaben frei entfalten zu können. Sie empfinden Freiraum und freie Fläche als Raum, den sie nach Belieben füllen können. Sie achten dabei nur wenig auf Erwartungen und Konventionen.  Anders verhält es sich bei strukturierten Menschen. Sie sind nicht weniger kreativ, doch gehen den kreativen Prozess eher planvoll an. Sie wählen ein Thema, entscheiden, wie sie es entfalten und präsentieren wollen. Der eigentliche kreative Akt braucht jedoch immer ein Mindestmaß an Freiheit.

Bei Romanschriftstellern zeigt dies in den beiden Extremen so, dass der eine Autor einfach drauflosschreibt und sich selbst von den Figuren und der Geschichte überraschen lässt. Und zum anderen haben wir den Autor, der alles genau plant. Wie soll die Geschichte verlaufen. Welche Merkmale und Eigenschaften schreibt er seinen Figuren zu, damit sie in ihrer Rolle glaubhaft erscheinen. Dieser Typ arbeitet mit Notizen, anhand derer er sich systematisch durch den seinen Roman arbeitet.  Zwischen den beiden Extremen gibt es natürlich alle Abstufungen.

Weder das eine noch das andere ist besser. Gute Werke sind auf beiden Wegen entstanden. Wichtig ist, dass man erkennt, welcher Typ man ist bzw. wie man gerade jetzt in diesem Moment das Schreiben angehen will. Denn das ist auch situativ unterschiedlich, je nach Schreibvorhaben (Kurzgeschichte, Roman), Thema (emotional und kognitiv anspruchsvoll) und aktueller Verfassung.

 

Schreiben als emotionales Ventil

Egal ob Chaos- oder Strukturtyp, manchmal drängt es einfach nur aus einem heraus. Die Gefühle wollen niedergeschrieben werden. Dann ist es egal, ob das Blatt weiß ist und man keine weitere Anleitung hat. Wer das Schreiben als Möglichkeit zum Ausdruck seiner Emotionen entdeckthat. Kann belastende Erfahrungen bearbeiten, Probleme lösen oder auch schöne Momente festhalten. Wenn Emotionen nach außen drängen, dann fließt es meist einfach aus einem heraus und nicht selten ist man hinterher überrascht, was man da zu Papier gebracht hat. Schreiber, denen dies gut gelingt, sind in der LLage, ihreGefühle gut zu erkennen und zu benennen bzw. zu beschreiben. Man bezeichnet dies als emotionale Kompetenz.

Fällt dies jedoch schwer und der Schreiber ringt nach Worten, dann ist diese Art zu schreiben eine gute Möglichkeit, eben diese Fähigkeit auszubauen. Lesen kann dann weiterhelfen, um den eigenen emotionalen Wortschatz zu erweitern. In den Texten anderer kann man sich in seinem Erleben wiederfinden. Wie beschreiben sie ihre Erfahrungen? Wie schaffen sie es, dass es für mich anfühlt, als würde ich es unmittelbar miterleben? Dabei spielen nicht nur Worte eine Rolle. Auch die Art der Verknüpfung der Inhalte, die Zeitform, der Modus (passiv/aktiv) , Erzähler, und anderes tragen dazu bei, wie sich das Thema entfaltet und den Leser mitnimmt. Man einer kann dies intuitiv erfassen und auf seine Texte anwenden. Wenn einen dieses nicht gegeben ist, kann man die Texte anderer, die einen besonders berührt haben, auch genau untersuchen.

Es soll nicht darum gehen, den Stil anderer zu kopieren. Aber wer viel liest und sich mit den Stilen anderer Autoren auseinandersetzt, der wird schließlich auch seinen eigenen Stil entwickeln und weiterentwickeln.

 

Schreiben als kreativer Akt

Manchmal drängt auch eine Idee nach außen, eine Geschichte will erzählt, eine Erinnerung festhalten oder ein Problem kreativ beleuchtet werden. Auch in diesem Falle fließt es meist einfach so aus dem Schreiber heraus.

Doch auch wenn es planvoller angegangen wird, ist Schreiben immer ein kreativer Akt. Und auch wenn es mal nicht fließen will, lohnt es sich, einfach dranzubleiben. Dann kann man mit Anleitungen und Plan vorgehen. Möchte man ein Problem bearbeiten, dann kann man eine Mindmap dazu erstellen und dann die Verbindungen knüpfen und so einen anderen Zugang zum Problem finden. Auch kann man das Problem in einem Satz zusammenfassen und so den Kern erst richtig erkennen. Ersteres weitet das Feld letzteres zentriert. Beides kann nötig sein, um die Lösung des Problems zu finden. Gelingt dies so nicht, gibt es noch weitere kreative Möglichkeiten, die Lösung zu finden. So kann man anderen Personen das Problem zuschreiben, ihnen raten, wie sie sich verhalten sollen oder man schreibt ihnen beispielhaftes Verhalten auf den Leib. Ebenso kann sich vorstellen, was andere einem raten würden. All diese Formen sind trotz des planvollen Vorgehens sehr kreativ und binden so das unbewusste Wissen ein. Dies bringt eine neue Betrachtungsweise auf das Problem und oft auch einen neuen Umgang damit.

 

Schreiben als Handwerk

Schreiben als Handwerk zu bezeichnen, klingt für manche sehr profan. Vielleicht sehen das Schreiben dadurch auch entweiht. Dabei ist Handwerk etwas, was man erlernen kann und in dem man es mit dem nötigen Fleiß und Talent zum Meister bringen kann. Das größte Talent nutzt jedoch nichts, wenn man nicht schreibt und von den Meistern lernt. Nur wer regelmäßig schreibt und liest, wird sich weiterentwickeln. Er wird sein Handwerkszeug, die verschiedenen Techniken und Methoden, Textsorten, Themengestaltungs- und behandlungsmöglichkeiten kennen lernen, Vorlieben und Abneigungen entwickeln und seinen eigenen Stil kreieren.

Was heißt es also, wenn schreiben ein Handwerk ist? Jeder kann es lernen, der eine mit mehr, der andere mit weniger Fleiß. Und nicht jeder wird ein Meister werden. Doch in dem Bereich, den wir hier betrachten, dem therapeutischen Schreiben, ist dies ohnehin nicht wichtig. Dabei kommt es darauf an, dass man lernt, sich immer besser auszudrücken, die eigenen Gefühle, Empfindungen und Gedanken in Worte fassen, die dem Leser das Miterleben ermöglichen.

 

Schreibblockaden

Doch wenn Worte entweder aus einem herausfließen oder Texte als Werkstücke mit dem nötigen Fleiß geschrieben werden können, wie so klagen dann so viele, dass sie gern schreiben würden, aber nicht wissen, was, wann und wie.

Zunächst: Zeitmangel ist immer eine Ausrede. Denn es zehn Minuten tägliches Schreibpensum genügen, um sich im Schreiben weiterzuentwickeln.

Nimmt man sich die Zeit und scheitert an den Fragen, des Was und Wie, dann stehen dahinter meist zu hohe Ansprüche an sich selbst. Nur wenigen gelingt es im ersten Niederschreiben ein Meisterwerk zu schaffen.  Das ist auch gar nicht nötig. Diese hohen Ansprüche wiederum gründen in negativen Einstellungen sich selbst und auch anderen gegenüber. Viele haben im Deutschunterricht für ihre Aufsätze Abwertung erfahren. Das Schlimme daran ist, dass dies meist die Besten waren, die ein Mensch zustande bringt. Vielleicht waren nicht im schönsten Deutsch verfasst. Doch gerade Kinder, die noch nicht alles auf rationale Begriffe eindampfen, beschreiben ihre Welt noch blumig und mit viel Fantasie. Doch in der Schule geht es darum, dass Kinder und Jugendliche lernen, rational zu denken und den logischen Kern der Dinge zu erfassen. Das ist auch nicht falsch, doch die intuitive und sinnliche Ebene wird dabei meist als minderwertig dargestellt. Im Laufe der Schulzeit werden die Texte immer sachlicher und der emotionale Ausdruck fällt schließlich immer schwerer.

Beim Schreiben sind wir innerlich folglich immer auf den potenziellen Leser ausgerichtet und versuchen vermeintliche Erwartungen zu erfüllen. Soweit es dabei darum geht, sein erleben so darzustellen, dass der Leser zum Miterleben angeregt wird, ist dies auch förderlich. Wenn es jedoch darum geht, irgendwelche stilistischen Raffinessen erfüllen zu wollen, dann geht der emotionale Ausdruck meist in den gestelzten kunstvollen Formulierungen schnell verloren.

Neben den Bewertungen durch den Schulunterricht können auch globalere Einstellungen dahinter-stehen. Diese werden durch unsere engsten Bezugspersonen in unserer Kindheit geprägt: Entweder durch Aussagen, die uns direkt bewerten, wie : „Das schaffst du doch sowieso nicht:“ oder sie werden durch das Verhalten oder zwischen den Zeilen vermittelt. Dann hat man das Gefühl, dass einem doch sowieso keiner etwas zutraut. Letztere sind wesentlich schwerer zu entlarven und aufzulösen.

Negative Einstellungen sich selbst gegenüber, können einen in allen Bereichen blockieren. Schreiben ist insofern ein besonders sensibler Bereich, da er als künstlerischer Art immer eines gewissen Selbstbewusstseins bedarf. Der Schreibermuss sich seiner selbst bewusst sein oder sich darauf einlassen, sich seiner selbst im Schreiben bewusst werden. Dabei schafft er etwas Bleibendes. Dies erfordert Mut und braucht Selbstbewusstsein, zu sich zu stehen. Das kann solche Angst machen, dass man gar nicht erst zu schreiben beginnt, um sich erneute Abwertungen zu ersparen. Denn sowohl Inhalt als auch Form werden der Bewertung durch andere freigegeben, sobald der Text öffentlich wird.

Darüber hinaus kann schreiben auch einfach die eigenen Kräfte übersteigen, was zu Blockaden. Schreiben dient zwar der Stressreduktion. Aber wer so erschöpft ist, dass Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit leiden, kann auch nur schwer in den Fluss finden, der für stimmige Texte wichtig ist. Dann ist Ruhe und zu Kräften wichtig, um wieder ins Schreiben zu kommen.

Egal, worin die Schreibblockaden gründen, wichtig ist die Ursache aufzudecken und daran zu arbeiten. Je nachdem, wie wichtig es ist, die Blockade zu überwinden, kann man zunächst Ursachen finden und auflösen. Man kann anschließend oder bereits parallel durch Schreibanleitungen wieder ins Schreiben kommen. Oder man regt angeleitet zuerst das Schreiben an, wenn ein Berufsschreiber dringend liefern muss und schaut dann, worin die Blockaden gründen.

Um Schreibblockaden zu überwinden, eigenen sich zum einen Anleitungen, die dem Schreiber sehr viel Freiraum bieten, wenn er sich im Detail festgefahren hat. Vielleicht denkt er zu zentriert und ist auf ein Thema, eine Textsorte oder eine Art der Themenbehandlung fixiert. Dann kann es helfen, den Rahmen wieder zu weiten. Fühlt sich der Schreiber jedoch von der Vielzahl der Möglichkeiten überfordert, dann können konkrete Anleitung helfen, sich ein Thema, eine Textsorte und eine Art, das Thema zu behandeln, zu wählen und wieder loszuschreien.