Ausbildung Heilpraktiker Psychotherapie

Teil I- Schreiben als Handwerk 

Schreiben wird auch als Handwerk bezeichnet, vor allem, wenn es um berufliches Schreiben geht. Doch was ist damit gemeint. Handwerk lebt in der Regel, wie der Name schon sagt, vom Werk der Hände. Und auch beim Schreiben geht es zunächst erst einmal darum zu schreiben, was man ja auch mit den Händen tut. Früher war es noch viel mehr mit der Hand verbunden, da man HANDschriftlich schrieb. Wie es auch bei anderen Werkstücken oft ist, ist auch ein Text nie abschließend fertig. Man beendet zwar irgendwann die Arbeit, aber wie an Möbeln, die umgearbeitet, aufgearbeitet und restauriert werden können, so können auch Texte später immer zur Hand genommen erden und noch einmal überarbeitet werden. Dennoch sind sie zunächst dauerhaft aufs Papier oder in eine Datei gebannt. Sie sind nicht so flüchtig, wie das gesprochene Wort. Und ebenso, wie Türen und Fenster, Dach und auch Mauern eines Hauses sich durch Witterung und im Laufe der Zeit verändern, so verändern sich auch Texte. Auch wenn die Worte die gleichen bleiben, so lesen wir sie mit Abstand doch mit anderen Augen. Uns fallen andere Details auf und Formulierungen stechen uns ins Auge, die wir heute vielleicht nicht mehr so verwenden würden.  

Deshalb musst du dir bei den schreibtherapeutischen Anleitungen gar keinen Druck machen, wenn die angegebene Zeit nicht ausreicht, um den Text „zu Ende“ bringen. Es geht ohnehin nicht um planvolles Schreiben, sondern um intuitives Arbeiten. Denn Schreibanleitungen haben meist einen therapeutischen Hintergrund, in dem sie dich anregen sollen, dich durch Schreiben zu entlasten, zu ergründen und zu entwickeln. Deshalb sollst du dein Augenmerk beim Schreiben nicht auf das Formulieren richten, wie bei beruflichen Schreibern, bei dem Stil und Ausdruck im Vordergrund stehen. Versuche also im Schreibfluss zu bleiben und dir möglichst wenig Gedanken um deine Formulierungen zu machen. 

Bei der Auswertung hingegen sind es jedoch genau diese intuitiven Formulierungen, die in den Blick genommen werden, da sie die Informationen des Unterbewussten Wissens preisgegeben und für den Therapeuten/Coach und den Schreiber so viel mehr Informationen berat halten auch ausgefeilte Formulierungen.  

Wie auch bei anderen Gewerken, fallen auch beim Schreiben Späne. Wenn du dich mit deinem Innersten auseinandersetzt, wird es nicht ohne Emotionen gehen. Und wie auch hier der Name schon sagt, sind EMOTIOnen auf Bewegung ausgerichtet und Bewegung geht nie ohne Widerstand und Reibung. Dies muss aber nichts Schlechtes bedeuten. Die eigentliche Figur legt der Schnitzer oder Drechsler erst aus einem Block Holz frei. Ebenso kannst du schreibend deinen innersten Kern freilegen und alles was dich daran hindert, du selbst zu sein, abschälen.  

Du kannst deine Texte immer wieder bearbeiten und auch dabei werden an den Texten Späne fallen. Du wirst Stellen streichen, Veränderungen vornehmen und die eigentliche Textinformation noch deutlicher herausarbeiten. 

Wenn du mit Anleitungen schreibst, sind sie wie die Bauanleitung für ein Werkstück. Das ungemein spannende ist jedoch, dass jeder etwas anderes daraus baut und sich sehr unterschiedliche Ergebnisse daraus ergeben. 

Egal, ob es also darum geht, dass du handwerklich-stilistisch gut zu schreiben oder ob du dich einfach freischreiben möchtest. Wichtig ist, dass du überhaupt schreibst. Wenn du viel therapeutisch schreibst, wirst du automatisch auch deine handwerklichen Schreibfertigkeiten verbessern. Denn du wirst immer besser deine und auch die Gefühle, Gedanken, Impulse und auch Verhaltensweisen anderer verstehen und anschaulich beschreiben können. Dies ist wichtig, um Texte zu schreiben, die den Leser mitnehmen in ihre Welt. Ein guter Schreibhandwerker muss immer auch ein guter Kenner der menschlichen Seele sein. 

Was kannst du nun tun, um dein Handwerk zu verbessern und dich tiefer zu ergründen? 

Lege dir eine Schreibroutine zu. Es ist egal, ob du täglich oder wöchentlich schreibst. Wichtig ist nur, dass es regelmäßig ist und für dich realistisch einzuhalten. Und was kannst du schreiben. Vielleicht findest du Gefallen am Tagebuch schreiben oder du beginnst ein Journal, indem du die wichtigen Ereignisse und neue Informationen und Erkenntnisse einträgst. 

Versuche dich außerdem in neuen Aufgaben. Probiere neue Text- und Gestaltungsformen aus. Wie fühlt sich das an und was ergeben sich daraus für neue Erkenntnisse für dich? Außerdem kannst du dich mit neuen herausfordernden Inhalten auseinandersetzen. Betrachte auch einmal Tabuthemen und Themen, die du bisher gemieden hast, weil sie unangenehmen Erinnerungen und Gefühlen verbunden sind. ABER VORSICHT: Rühre nicht einfach unvorbereitet und ohne Unterstützung an traumatischen Erfahrungen. Um solche Erfahrungen aufzuarbeiten, braucht es meist Unterstützung durch Menschen, die sich damit auskennen.  

So hier nun einige Anleitungen, um dich im Handwerk des Schreibens etwas auszuprobieren.  

 

Anleitung -1- 

Schreibe einfach frei drauf los, ca. 5 bis 10 Minuten. Lass dich selbst überraschen, was vor dir auf dem Blatt oder am Bildschirm entsteht. 

  1. Lies dir deinen Text nochmals durch. Welches Thema/welche Themen finden sich darin, die dich persönlich betreffen. 
  2. Versuche das Thema/Themen im Comicstil in jeweils einem Bild darzustellen. 
  3. Wenn du mehrere Themen erkannt hast, gibt es zwischen den Themen Zusammenhänge und Anknüpfungspunkte? 
  4. Notiere unter den Bildern, ob es sich bei den Themen um Probleme, Wünsche, Pläne oder anderes handelt. 
  5. Welche neuen Erkenntnisse ergeben sich durch die Anleitung? 

 

Anleitung -2-

Dreh dich im Kreis

Nimm deinen ersten Gedanken, der dir in den Sinn kommt, beim Lesen der Überschrift. 

  1. Schreibe ihn in der Form, dass ein Kreis geformt wird. Du kannst den Gedanken dabei auch wiederholt aufschreiben. 
  2. Dampfe den Gedanken auf ein Kernwort ein und trage es in die Mitte des Kreises ein. 
  3. Trage nun ringsum alles an, was dir weiterhin zu diesem Gedanken einfällt. 
  4. Versehe die einzelnen weiteren Kommentare mit Pfeilen. Wenn sie pro- Aussage des Gedankens sind, dann richte den Pfeil in Richtung Kernwort und wenn sie eher contra sind, dann in die entgegengesetzte Richtung. 
  5. Betrachte, das Bild, dass vor dir auf dem Papier entstanden ist und zeichne ein Bild dazu. 
  6. Schreibe eine Geschichte, in der du deinen Gedanken zur tragenden Handlung machst. 
  7. Wie ging es dir bei der Bearbeitung der Anleitung und welche neuen Erkenntnisse haben sich dabei eingestellt.  

Im nächsten Artikel, nächste Woche,  werden wir uns mit dem Schreiben als Werkzeug beschäftigen. Dabei wird es darum gehen, wie man das Schreiben gezielt einsetzen kann, um therapeutische und Coachingeffekte zu erreichen.

Ich wünsche dir ein erfüllende Schreibzeit. Deine Tanja